Arbeits- und Organisationspsychologie & Krisenbegleitung – Ein Interview mit Dr. Christian Bock

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Dr. Christian Bock ist Arbeits- und Organisationspsychologe sowie Krisenbegleiter – zwei spannende Berufe an der MHH. In seiner Rolle als Arbeits- und Organisationspsychologe ist er für die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen der Mitarbeitenden zuständig und war damit zu Beginn ein Vorreiter dieser Beurteilung an deutschen Universitätskliniken. Zudem ist er Teil des Teams für Krisenbegleitung und ausgebildet, um bei Großschadenslagen Unterstützung zu leisten.

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Hosts Sandra Aumüller Stephanie Eberhard Burkhard Sohn

Redaktion Sandra Aumüller Stephanie Eberhard Burkhard Sohn Mila Eberhard Lino Knocke

Produktion Mila Eberhard Lino Knocke

Klinik Klartext ist ein privat initiiertes Projekt. Die veröffentlichten Inhalte geben unsere persönliche Meinung wieder und stehen in keinerlei offiziellem Zusammenhang mit der Medizinischen Hochschule Hannover.

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Kleine Herzen Hannover e.V. - Hilfe für kranke Kinderherzen | Ira Thorsting, Initiatorin und Vorsitzende

Rückblick 2016: Interview mit Jörns und Ira Thorsting zur Preisverleihung "Deutschland - Land der Ideen" für das von Ira Thorsting gegründete Projekt "Kriseninterventionshelfer im Krankenhaus" 2014 haben Sie die Initiative „Kleine Herzen Hannover“, gegründet, aus der dann der gleichnamige Verein wurde. Was war der Anlass? Erst mal zum Motiv: Wir sind Betroffene. Wir haben in unserer eigenen Familie erlebt, welche Belastungen entstehen, wenn bei einem Kind die Diagnose auftaucht: angeborener Herzfehler. Lebensgefahr. Dann wird die ganze Lebensplanung über den Haufen geschmissen; alles dreht sich nur noch um dieses kranke Kind. Und wenn das Schlimmste überstanden ist, bleibt eine tiefe Dankbarkeit gegenüber den Ärzten und Pflegekräften, die das junge Leben gerettet haben. Eine Gelegenheit, diesen Dank auch tatsächlich abzustatten, ergab sich auf dem niedersächsischen Landespresseball 2006. Es war das Jahr der Fußball-WM in Deutschland, und wir gewannen bei der Tombola zwei VIP-Karten fürs Endspiel. Meine Frau Ira hat sie auf dem Ball versteigern lassen, und in wenigen Minuten kamen mehr als 40.000 Euro für die Kinderkardiologie der Medizinischen Hochschule Hannover zusammen. Das war der Grundstock, und die Idee war, Eltern-Kind-Zimmer einzurichten. Wie genau unterstützt Ihr Verein schwerstkranke Kinder und ihre Familien? Was macht Ihre Hilfe besonders? Gab/gibt es Vorbilder/Nachahmer? Nachahmer sind uns sehr willkommen. Wir sehen uns nämlich nicht nur als Spendensammler, sondern auch als eine Art Ideenfabrik. Das Ziel sind bessere Standards der Patientenbetreuung, die bundesweit Schule machen. Wir sind zwar kein Selbsthilfeverein sondern ein reiner Projektverein, aber wir setzen auf professionelle Hilfe. Auf Sozialbetreuerinnen, auf Psychologen, die sich um die betroffenen Eltern kümmern. Denn die sind ja nicht die Patienten, für die unser Gesundheitssystem aufkommt. Sie sind aber traumatisiert und brauchen zeitnahe Unterstützung. Wir finanzieren deshalb auch eine Kunsttherapeutin, die sich um die Eltern kümmert. Und wir kommen für einen Psychologen auf, der den Ärzten und Pflegekräften als Supervisor beisteht. Denn wenn DIE mental fit gehalten werden, kommt das direkt wieder den Patienten zugute. Ihr Verein bildet „Krisenbegleiter im Krankenhaus“ aus. Was sind die Aufgaben eines Krisenbegleiters? Wie viele wurden bereits ausgebildet? Zur Klinik für Kinderkardiologie der Medizinischen Hochschule Hannover gehört auch die Kinderintensivstation, auf der aber nicht nur junge Herzpatienten betreut werden. Dort kommen Unfallopfer hin, Krebspatienten, alle Kinder, die eine lebensbedrohliche Krankheit haben. 98% überleben dank der Ärzte und Pfleger, aber natürlich gibt es auch traurige Fälle: Einem Kind ist nicht mehr zu helfen, oder es wird auf Dauer behindert bleiben. Dann brechen die Eltern zusammen. Sie wissen nicht mehr weiter, und manche werden sogar aggressiv. Und auch die Ärzte und Schwestern sind hilflos. Wir hatten dann eine Idee: Bei Hilfsdiensten wie der Feuerwehr und dem Roten Kreuz gibt es psychologisch geschulte Kriseninterventionshelfer, die mit in den Katastropheneinsatz gehen und dort beiden Seiten helfen: den Opfern und den Helfern, die ja auch traumatisiert sind. Das wollten wir auch in der Klinik haben, und wir fanden dort sofort Unterstützung. Das Freiburger Institut für Human Resources, das viel Erfahrung hat, ist für die Kurse verantwortlich, und teilnehmen können eben Ärzte und Pflegekräfte, Klinikseelsorger, Psychologen, Therapeuten und Betreuer - alle, die solch belastende Gespräche mit Patienteneltern führen. Die Grundkurse dauern jeweils vier Tage und setzen bis zu 15 Teilnehmer großen Belastungen aus. Und dann gibt es Aufbaukurse, in denen auch die persönlichen Erlebnisse in Krisensituationen bearbeitet werden. Dr. Michael Sasse, der unglaublich engagierte Leitende Oberarzt der Kinderintensivmedizin an der MHH, ist auch für das Pädiatrische Intensiv Netzwerk zuständig, dem 43 Kliniken in Norddeutschland angehören. Auch die schicken ihre Mitarbeiter in die Kurse. Der Bundesverband Herzkranke Kinder will das Projekt bundesweit einführen. Und eine große Krankenkasse will uns auch unterstützen. Es geht also schnell vorwärts. Was sind besondere Herausforderungen, denen sich Ärzte und Pflegende in Krisensituationen stellen müssen? Die betroffenen Eltern reagieren ganz unterschiedlich auf eine schlimme Nachricht. Manche erstarren, sind gar nicht mehr ansprechbar. Oder sie verweigern sich der Realität: "Das ist nicht mein Kind, von dem sie sprechen!" - Und dann kommt oft die Phase, wo sie einen Schuldigen suchen: "Sie wollen meinem Kind nicht helfen! Sie haben alles falsch gemacht! Sie geben zu schnell auf!" Mit all dem müssen die Mitarbeiter der Intensivstationen fertig werden. Sogar mit direkter Bedrohung. Und das, während sie selbst auch ziemlich fertig sind, denn den Tod eines Patienten steckt niemand einfach weg. Auch sie trauern, auch sie fragen sich jedes Mal, was sie anders hätten machen können. Warum ist Vernetzung im Gesundheitssektor so wichtig – speziell im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe? Nun, wenn ein Patient verstirbt oder mehr oder weniger stabil die Medizinische Hochschule verlässt, geht die Familie an ihren Heimatort zurück. Ohne das Netzwerk würden die Eltern dann in ein tiefes Loch der Verzweiflung oder der Unsicherheit fallen. Bis ein Psychotherapeut gefunden ist, kann schon mal ein halbes Jahr vergehen, aber die Hilfe ist sofort nötig. Durch das Netzwerk finden sie immer einen Ansprechpartner, der ihnen über die schwere Anfangszeit hinweg hilft. Und die Kriseninterventionshelfer finden in der MHH oder in anderen Kliniken immer einen Anderen, der auch den Kurs gemacht hat und mit dem sie sich jederzeit austauschen können. Außerdem bietet das Netzwerk rund um die Uhr einen Telefondienst, über den sie sich beraten lassen können. Wie treiben Sie als Verein die Vernetzung voran („Netzwerkorganisatoren“)? Zuerst einmal: Wir sorgen dafür, dass das Netzwerk finanziert werden kann. Geplant ist zum Beispiel, dass auch Netzwerkorganisatoren ausgebildet werden, die den Kontakt der Kliniken untereinander gewährleisten. Sie sensibilisieren die Mitarbeiter der Kliniken auch für die Arbeit mit Zuwandererfamilien, aktuell natürlich auch mit Geflüchteten. Wie läuft dieser Prozess ab? Auch damit reagieren die "Kleinen Herzen" auf die besonderen Probleme in den Kliniken. In der MHH haben wir bei den Patienten inzwischen einen Ausländeranteil von über 40%. Wir haben deshalb gesagt: Zu den Kursen muss ein Modul gehören, das besondere kulturelle Unterschiede im Umgang mit Angst, Schmerz und Trauer erläutert. Jeder Mensch - ob er aus Syrien oder Afghanistan, aus Westafrika oder aus Albanien kommt, äußert seine Gefühle ja in einer ganz eigenen Art. Man muss diese Reaktionen verstehen können, um richtig zu reagieren. Wir haben hier die Unterstützung des Ethno-Medizinischen Zentrums Hannover, das über große Erfahrung verfügt. Welche Erfahrungen haben Sie im Bereich der Flüchtlingshilfe gesammelt, die auch für andere Gesundheitsnetzwerke relevant sind? (ggf. Bsp. für interkulturelle Unterschiede) In der MHH macht man keinen Unterschied, ob jemand als Flüchtling gekommen ist oder schon Jahre mit dem sprichwörtlichen Migrationshintergrund hier lebt. Wichtig sind natürlich der religiöse Hintergrund und vor allem die Sprache. Es fällt uns Deutschen ja oft schon schwer zu verstehen, was ein Arzt uns zu sagen hat. Wieviel schwieriger ist die Verständigung, wenn es dann noch eine Sprachbarriere gibt! Die Kleinen Herzen und das Ethno-Medizinische Zentrum haben deshalb schon vor Jahren einen Dolmetscherdienst eingerichtet, der den Ärzten und Patienten in mehr als 50 Sprachen zur Verfügung steht. Das ist bundesweit bisher einmalig, weil es natürlich auch eine Frage der Finanzierung ist. Aber es sind ja nicht nur die Patienten und ihre Familien, die ein Recht darauf haben zu erfahren, wie Diagnose und Therapie aussehen. Auch der Arzt hat Fragen. Zum Beispiel, wie es im Heimatland des Patienten mit der medizinischen Nachsorge aussieht. Ihre Bilanz der „Kleinen Herzen“: Welche Erfahrungen verbuchen Sie als positiv, welche als eher negativ? (ggf. Zahlen, Daten, Fakten) Wenn wir uns auf die Kriseninterventionshelfer im Krankenhaus und auf das Krisennetzwerk für schwerstkranke Kinder und ihre Familien konzentrieren: Wir lassen das Projekt wissenschaftlich begleiten, weil wir hoffen, dass diese Art des Umgangs mit Krisen in ein paar Jahren bundesweit Standard ist und die Kostenträger im Gesundheitswesen voll einsteigen. Die Ergebnisse sind bisher sehr ermutigend. Die Ärzte und Pflegekräfte haben das Gefühl, dass sich da jemand um ihre Probleme kümmert und machen mit großem Enthusiasmus mit. Eine negative Erfahrung könnte es höchstens sein, wenn die bundesweite Verbreitung unseres Projekts aus Kostengründen behindert würde. Denn das ist klar: Ein kleiner regionaler Verein wie die Kleinen Herzen kann nicht die ganze finanzielle Last tragen. Auch wenn, wie gesagt, eine große Krankenkasse schon ihre Unterstützung in der Anlaufphase zugesagt hat. Wie sieht die Zukunft der „Kleinen Herzen“ aus? Weiter machen! Das war bestimmt nicht die letzte Idee, mit der wir die MHH, deren Kinderintensivstation und die Klinik für Kinderkardiologie unterstützen werden. Eines ist klar: Ohne das bürgerliche Engagement ist Spitzenmedizin in Deutschland und anderswo nicht mehr denkbar. https://youtu.be/DBFcWzQZAdM https://youtu.be/B_EELJk_qjU https://youtu.be/XzzDW8L8w8k https://youtu.be/VoiWF0W_Tcw https://youtu.be/2wz7dOBPf9E https://www.kleineherzen.de/krisenbegleiter-kurse https://www.lifepr.de/pressemitteilung/kleine-herzen-hannover-ev/tolle-anerkennung-vom-weltkonzern/boxid/1029315 https://www.continental.com/de/presse/pressemitteilungen/20250707-ultracontactnxt-ks-auxilia/ https://www.bing.com/videos/riverview/relatedvideo?q=Continental+Kleine+Herzen+Hannover&refig=e5261de3eb0440e9b86f5b68926d8afe&pc=HCTS&ru=%2fsearch%3fq%3dContinental%2bKleine%2bHerzen%2bHannover%26form%3dANNTH1%26refig%3de5261de3eb0440e9b86f5b68926d8afe%26pc%3dHCTS&mmscn=vwrc&mid=DCCE8E59DDFCFF462647DCCE8E59DDFCFF462647&FORM=WRVORC&ntb=1&msockid=72f598775dd211f09c7f99a13d90d471 https://www.burgwedel-aktuell.de/2024/10/16/10000-euro-fuer-krisenbegleiter-kurse/ https://klartext.la/verleihung-des-43-ks-energie-und-umweltpreises/ https://www.klamm.de/news/tolle-anerkennung-vom-weltkonzern-19N1029315.html

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